Bericht: The Myth of English Local Self-Government & Workshop „Vom gesellschaftlichen Problem zum Politikfeld“

 

Bericht Kolloquium Wien-München „Staat und Verwaltung im Gespräch“ 15.11.2018, 17 Uhr

 

Podiumsdiskussion: „The Myth of English Local Self-Government: Discourse, Practice and Systems, c. 1830-1900“
Vortragender: Thomas Crook (Oxford)
Kommentatoren: Jana Osteramp (Collegium Carolinum, München) und Thomas Stockinger (Universität Wien)
Moderation: Nadja Weck (Universität Wien)
Begrüßung durch Peter Becker (Wien)

 

Im Dachfoyer des Österreichischen Haus-, Hof- und Staatsarchives in Wien hielt Thomas Crook von der Oxford Brookes University einen spannenden Vortrag über Diskurse, Praktiken und Systeme der Englischen Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert. Dabei nahm er verschiedene Behörden und Akteure in den Blick und stellte fest, dass im Sprachgebrauch als Phänomen der Moderne eine starke Binarität bzw. Dichotomie vorherrschte, wie beispielsweise Selbstverwaltung gegenüber Zentralverwaltung. In der Praxis gestaltete sich die Machtverteilung diffuser, einzelne Akteursinteressen bestimmten den Erfolg oder das Scheitern von Policies. Dies führte zu zerbrechlichen Zusammenschlüssen zwischen Akteuren auf der Basis gemeinsamer Interessen. Crook betonte, dass Staat und Akteure der Selbstverwaltung nicht als getrennt, sondern miteinander verflochten betrachtet werden müssen. Latour und Luhmann folgend diskutierte er im Anschluss die Konzeptualisierung und Differenzierung von Macht in einem Spannungsfeld zwischen Abstraktion und Komplexion. Aus diesem Ordnungsprozess gingen „reified entities“hervor, wie eben „die Selbstverwaltung“ und „der Staat“, die eine starke Wirkung entfalteten. Sie werden in Texten adressiert und dienen als Referenzpunkte.

Es folgte der Kommentar von Jana Osterkamp, die nach den Initiativen hinsichtlich des Wachstums des öffentlichen Sektors fragte, und auf die Vorbildfunktion Englands als Beispiel der Selbstverwaltung für die Habsburgermonarchie verwies. Außerdem diskutierte sie den Stellenwert der „Culture of politics from below“ im Gegenspiel zu bspw. Handbüchern, die einen „Wissenstransfer von oben“ darstellten.

Thomas Stockinger betonte in seinem Kommentar das klare und wichtige Argument Crooks über Binarität bzw. Dichotomie und Verflechtung sowie die auf lokaler Ebene deutlich sichtbar werdenden nichtstaatlichen Akteure, die in einer klassischen Institutionengeschichte sonst unsichtbar bleiben.

Abschließend folgte eine offene Podiumsdiskussion mit dem Publikum.

 

Bericht Workshop „Vom gesellschaftlichen Problem zum Politikfeld“, 16.11.2018, 9–18 Uhr

Am 16.11.2018 fand in Wien der ganztägige Workshop des FWF-Projekts „The Emperor’s Desk“ betitelt „Vom gesellschaftlichen Problem zum Politikfeld“ mit Gastexperten Ulrich Pfister (Münster) statt. Nach dem Impulsvortrag von Pfister fand eine rege Diskussion über verschiedene Themenfelder wie Entscheiden/Entscheidungen, Politikfeldanalyse, Politikzyklen und dem Entstehen von Kulturtechniken statt, welche politische Partizipation auf verschiedenen Ebenen erst ermöglichen. Ulrich Pfisters Text mit dem Titel „Entscheiden wird selbstreferentiell und selbstreflexiv. Die Entstehung und Entwicklung von Politikfeldern“ diente den ProjektmitarbeiterInnen von „The Emperor’s Desk“ als Anknüpfungspunkt für ihre Projekte, die sie am Nachmittag vorstellten. Neben den Berichten aus Wien und München stellte auch Felix Gräfenberg von der Uni Münster sein Projekt über die preußische Straßen- und Wegebaupolitik im frühen 19. Jahrhundert vor.

 

Universität Wien + Collegium Carolinum theemperorsdesk.univie.ac.at Munich Vienna